Biden ist katholisch und er redet darüber. Um den US- Präsidenten zu verstehen, muss man ihn in seiner persönlichen, politischen und religiösen Biografie betrachten. Rezension eines Porträts von Joe Biden.
Wer in der katholischen Wochenzeitung „Die Tagespost“ einen Artikel über die USA liest, wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den Namen Maximilian Lutz als Autorennamen finden. In den vergangenen Jahren hat sich der Journalist, der bei dem katholischen Blatt als Online – CvD tätig ist, eine tiefgreifende Expertise im Hinblick auf die Politik der USA erworben. Besonders intensiv hat Lutz mit seinen Publikationen den US- Präsidenten Donald Trump begleitet und sich einen Ruf als fairer Berichterstatter über den umstrittenen US- Präsidenten erworben. Zur letzten Phase der Präsidentschaft von Donald Trump gehört der Wahlkampf, an dessen Ende die bis heute nicht eingestandene Niederlage und der Sieg des Nachfolgers Joe Biden stand.
Faire Berichte
Biden durfte als Kandidat und darf sich als Präsident in der Berichterstattung der gleichen Fairness erfreuen, wie der Vorgänger. Aus der intensiven Berichterstattung über den Kandidaten ging eine tiefere Beschäftigung mit dem Menschen, Katholiken und Politiker Joe Biden hervor. So lag im Grunde das Buch in der Luft, das Maximilian Lutz im vergangenen Jahr im Benno – Verlag veröffentlicht hat.
Ein wenig Überraschend ist die unausgesprochene Ausgangsthese des Verfassers, dass man den zweite katholischen Präsidenten Joe Biden leichter über einen Blick auf den ersten katholischen Präsidenten der USA, John F. Kennedy, versteht. Dabei geht es weniger darum, die beiden miteinander zu vergleichen, vielmehr geht es – auf Grund der gewaltigen Unterschiede zwischen den beiden – mehr um Abgrenzung. Herkunft, Sozialisation, Ausbildung und vieles mehr könnte nicht unterschiedlicher sein. Was verbindet ist die Religion. Doch auch da gibt es Unterschiede.
Religiöse Prägung
Maximilian Lutz zeigt den heranwachsenden Katholiken Biden und dessen religiöse Prägung. Nonnen in der Schule und Kontakte zu Nonnen im privaten, wie auch im beruflichen Umfeld schärfen den Blick für die soziale Frage. Die Nähe zu den Jesuiten bringt schon dem jungen Joe Biden die katholische Soziallehre nahe. Ein Blick auf die Päpste, die Bidens Lebenszeit begleiten, gipfelt in der geistigen Nähe zu Papst Franziskus. Joe Biden ohne seine Katholizität verstehen zu wollen, ist nicht möglich. Gleichzeitig gilt es auch zu verstehen, warum Teile der katholischen Kirche mit dem katholischen Präsidenten fremdeln.
Neben den wirtschaftlichen Fragen beschreibt der Tagespost – Redakteur in seinem Buch auch die delikate Frage des Lebensschutz. Die Ambivalenz, persönlich für den unbedingten Schutz des Lebens zu sein, dies aber politisch den Menschen nicht aufbürden zu wollen, kennzeichnet den Politiker Joe Biden nicht erst seit gestern. Damit gerät er in Konflikt zum konservativen amerikanischen Episkopat. Dass aber auch dieses kein homogener Block ist, zeigt sich in dem Erzbischof von Washington, der Biden wegen seiner indifferenten Haltung zur Abtreibung nicht vom Kommunionempfang ausschließen will. Zugleich zeigt der US- Präsident eine Nähe zu Ordensschwester, die wegen ihres Feminismus und daraus folgender lehrmäßiger Probleme und römischer Beobachtung stehen.
Der Mensch
Natürlich kommt auch der Mensch Joe Biden in dem Porträt vor. Seine erste Ehe, der tragische Tod von Frau und Tochter, die Nähe zu seinen Kindern und Enkeln werden gut illustriert. Das Leben hat den Menschen Joe Biden hart angefasst, ihm aber auch liebevolle Menschen zu Seite gestellt, die ihm die Kraft geben. Der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika ist ein Mensch, ein Katholik und ein Politiker. Auch wenn er einem Konservativen durch das Buch von Maximilian Lutz politisch ganz sicher nicht näherkommen wird, so kann man über gewisse Regungen, dem Präsidenten Sympathie entgegen bringen zu wollen, ganz beruhigt sein.
Auch das nämlich findet man in dem Buch, Biden pflegte und pflegt durchaus auch Freundschaften mit politischen Gegnern. Ein Porträt kann eine Biografie oder gar die wissenschaftliche Aufarbeitung eines Politikerlebens nicht ersetzen. Dennoch gibt dieses Buch dem an transatlantischer Politik interessierten Zeitungsleser einen Verstehensschlüssel für den amtierenden Präsidenten der USA in die Hand. Das Buch ist gut lesbar, verständlich geschrieben und klar gegliedert. Es behält immer die katholische Brille bei der Deutung des Präsidenten auf und zeigt auf, warum es diese zum Verständnis von Joe Biden unbedingt braucht.
Maximilian Lutz
Joe Biden. Ein Katholik im Weißen Haus
Ein Porträt.
St. Benno Verlag. Leipzig. 2021